Vor Ort bei den Frauen im Tschad

«Es ist uns eine Freude, unsere Fremden zu begrüssen», singen die Frauen aus Waraï im Tschad, um die Männer ihres Dorfes zu necken.

Die kleine Delegation von Morija, bestehend aus dem Koordinator für Zentralafrika, Ferdinand Itondjibaye, der Verantwortlichen für Programme und Partnerschaften, Hélène Ernoul, und dem Direktor von Interaction, Matthieu Dobler Paganoni, ist in dieses 600-Seelen-Dorf im Süden des Landes gekommen, um mit den Frauen zu sprechen, die an den Alphabetisierungskursen für Erwachsene teilnehmen.

Interaction ist ein Schweizer Dachverband, zu dem 30 christliche NGOs gehören, die in der Entwicklungszusammenarbeit tätig sind, darunter auch Morija.

Ein schwieriges Umfeld für die Frauen

Auf dem weltweiten Index der geschlechtsspezifischen Entwicklung lag Tschad im Jahr 2024 auf dem 144. von 146 Plätzen. Im Alltag bedeutet dies, dass Mädchen seltener zur Schule geschickt werden als Jungen, dass Frauen weniger am Wirtschaftsleben teilnehmen, da sie oft unbezahlt arbeiten, und dass sie einen schlechteren Zugang zur notwendigen medizinischen Versorgung haben.

Morija setzt sich für die verletzlichsten Teile der Bevölkerung ein. Während dieser wenigen Tage, an denen die Delegation im Januar die einzelnen Projekte besuchte, konnte sie selbst mitansehen, wie sehr die tschadischen Frauen im Mittelpunkt der verschiedenen Projekte stehen, die Morija im Land umsetzt.

Ein massgeschneidertes Projekt

Das Projekt „Sparen für die Veränderung“ hat den Alltag der Begünstigten spürbar verändert. Viele Frauen haben keine Produktionsmittel und sind dazu gezwungen, ihre Ehemänner in einer unbezahlten Unterstützerrolle zu begleiten. Durch die gemeinschaftlichen Spargruppen gelingt es ihnen jedoch, sich eine Erwerbstätigkeit aufzubauen, ihre finanziellen Sorgen selbst in die Hand zu nehmen und mit gegenseitiger Hilfe zu lösen.

In Waraï haben die Behörden beobachtet, dass die Frauen sich verändert haben und mit ihren kleinen Geschäften zu Akteurinnen der Entwicklung geworden sind. In Sewé, einem Dorf, das im Juli von schweren Überschwemmungen heimgesucht wurde, wurden die Ernten zerstört. Doch die Familien schaffen es trotzdem, sich zu ernähren – vor allem dank der Aktivitäten der Frauen.
„Dank der Anstrengungen der Frauen haben wir genug zum Leben. Sie geben uns den Mut, im Dorf zu bleiben und zu kämpfen.“

Viele Frauen, die Mitglied einer Spargruppe sind, berichten stolz, dass sie nun die Schulgebühren ihrer Kinder bezahlen können und keine Angst mehr haben müssen, dass ihre Kinder nach Hause geschickt werden, weil sie nicht genügend Geld haben.

Ein zentraler Aspekt: Alphabetisierung

Seit Januar 2023 drücken einige Frauen wieder die Schulbank – darunter auch solche, die nie zur Schule gegangen sind. In der Gemeinde Bessada haben viele die Primarschule nie abgeschlossen, und weil sie keine Übung haben, können sie im Erwachsenenalter weder lesen noch schreiben noch rechnen.

Doch nun lernen mehr als 1000 Frauen jeweils von Januar bis Mai dreimal pro Woche zwei Stunden lang Französisch und Sara (eine im südlichen Tschad weit verbreitete Sprache).
Viviane, die die Primarschule besucht hat und noch Französisch kann, sagt: „Es ist wichtig für mich, in meiner Muttersprache lesen und schreiben zu können.“

Der Unterricht bringt konkrete Verbesserungen: Emilie kann nun „die Zutaten der Produkte auf dem Markt lesen und wird nicht mehr übervorteilt“, und Lydie kann das richtige Gesundheitsbüchlein mitnehmen, wenn sie ins Krankenhaus geht. Sie kann nun die Verschreibungen einhalten, da sie die Namen der Medikamente lesen kann und erkennt, wie viele Tage lang sie ein Medikament einnehmen muss.

 

Ernährungsschulungen für tschadische Mütter

Als die Delegation von Morija einem Ernährungskurs beiwohnte, begegnete sie auch hier wieder zahlreichen Frauen. Nach einem Austausch über die verschiedenen Nahrungsmittelgruppen und ihre Rolle in der Ernährung und Entwicklung der Kinder widmete man sich der Zubereitung von angereichertem Brei.

Das Rezept wurde so angepasst, dass die Frauen die Zutaten leicht auf dem Markt finden können. Die anwesenden Kinder warteten ungeduldig darauf, die zubereitete Mahlzeit endlich probieren zu dürfen! Sie sind lebhaft, und die Gesundheitsberaterinnen berichten, dass sich die Gesundheit der Kinder verbessert hat.

Dank der Schulung können die Mütter nun auch die Gesundheit ihrer Kinder besser einschätzen, damit sie wissen, wann ein Arztbesuch erforderlich ist, und schneller reagieren können. Von diesem neuen Wissen der Frauen profitiert schliesslich die gesamte Gemeinschaft.

Positives Echo

Während des kurzen Aufenthalts in den Gemeinden Koumra und Bessada im Süden des Tschad zeigten sich die Frauen, die am gemeinschaftlichen Sparprojekt teilnehmen, voller Dankbarkeit und Stolz.

Durch die Schulungen haben sie neue Eigenständigkeit gewonnen und werden in der Gemeinschaft anders wahrgenommen. Sie sind glücklich und stolz darauf, als Akteurinnen gesehen zu werden, die einen wichtigen Beitrag leisten, stolz, sich um ihre Familie und ihre Kinder kümmern zu können – und voller Freude darüber, dass sie nun ihren eigenen Vornamen schreiben können.

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